Interview mit Univ. Prof. Dr. Christian Wöber (Leiter der Kopfschmerzambulanz MedUni/AKH Wien)
Jeder weiß, was Migräne ist, doch Cluster-Kopfschmerzen sind - selbst im medizinischen Bereich - relativ unbekannt. Entscheidende Voraussetzungen für die Erkennung und erfolgreiche Behandlung ist die Anamnese, denn der Cluster-Kopfschmerz unterscheidet sich deutlich von anderen Formen des Kopfschmerzes. Meist liegen Jahre zwischen dem ersten Auftreten und der gesicherten Diagnose.
Was sollte man wissen?
Der Schmerz baut sich in sehr kurzer Zeit enorm auf, entwickelt unheimlich viel Energie und nach circa einer Stunde ist er, so plötzlich wie er gekommen ist, auch wieder weg.
Cluster-Kopfschmerz ist eine Erkrankung, die selten auftritt aber mit äußerst schmerzhaften Attacken einhergeht. Der Begriff "Cluster" kommt aus dem Englischen und steht für „Anhäufung“ oder „gehäuft“.
Das typische zeitliche Verlaufsmuster dieser Attacken ist, dass sie in einer Periode von einigen Wochen oder Monaten täglich (unter Umständen auch mehrmals am Tag) auftreten, gefolgt von monate- oder jahrelanger Beschwerdefreiheit.
Diagnose
Durch diese Episodenhaftigkeit der Krankheit dauert die Diagnose oft Jahre, dabei ist eine Differenzierung relativ einfach. Entscheidende Voraussetzung für die Erkennung und die erfolgreiche Behandlung ist die Anamnese, also die Beschreibung der Symptome durch den Patienten, denn der Cluster-Kopfschmerz unterscheidet sich von anderen Formen des Kopfschmerzes.
Das Wesentliche bei der Diagnosestellung des Cluster-Kopfschmerzes ist, dass man ganz spezielle Fragen stellt, die den Verlauf des Cluster-Kopfschmerzes erheben. Es wird gefragt, wie lange eine einzelne Attacke dauert, wie häufig Attacken pro Tag auftreten und wo der Schmerz lokalisiert ist.
Letzteres ist typischerweise streng einseitig und meist um das Auge herum. Patienten vergleichen den Schmerz oft mit einem heißen Schürhaken oder einem Messer im Auge. Dies verdeutlicht, wie heftig derartige Schmerzen sind.
Eine Clusterperiode hält meistens wenige Wochen oder auch Monate an, in denen überaus schmerzhafte Kopfschmerzattacken auftreten. Hilfreich für die Diagnosestellung ist ein Kopfschmerztagebuch, in welchem der Patient Zeitpunkt, Dauer und Intensität sowie Begleitsymptome notiert.
Begleitsymptome
Die Frage nach den Begleitsymptomen ist eine ganz wesentliche, weil man damit auch die Diagnosestellung sichern kann, welche oft recht typisch ist. Merkmale sind ein rotes oder tränendes Auge, eine laufende oder verstopfte Nase und ein geschwollenes oder hängendes Lid.
Ein weiteres typisches Charakteristikum des Cluster-Kopfschmerzes ist die Tatsache, dass die Patienten während der Attacke nicht ruhig sitzen können. Sie müssen umhergehen oder am Sessel sitzen und mit dem Oberkörper hin- und herschaukeln. Eine ruhige Position halten sie nicht aus.
Ursachen
Bei Cluster-Kopfschmerz liegen die Ursachen im Gehirn und den Nerven, die zu den Blutgefäßen in der harten Hirnhaut führen. Es ist also eine klare organische Ursache vorhanden, diese kann in Untersuchungen allerdings nicht nachgewiesen werden.
Therapie und Vorbeugung
Bei den medikamentösen Behandlungsformen unterscheidet man die Akut-Therapie sowie Kurz- und Langzeitvorbeugung.
Die Therapie bei Cluster-Kopfschmerz ist eine sehr spezielle. Wichtig sind Medikamente, die rasch wirken, weil die Attackendauer nur sehr kurz ist. Medikamente, die geschluckt werden, sind also meist nicht ausreichend wirksam.
Es gibt einen Nasenspray, der verwendet werden kann und es gibt eine Injektion, die sich die Patienten in der akuten Attacke selbst verabreichen können.
Der zweite Schritt ist die Kurzzeitvorbeugung, also eine Behandlung, die relativ rasch wirkt, aber nur für eine begrenzte Zeit verabreicht werden kann - das ist in erster Linie die Gabe von Kortison.
Der dritte Schritt ist schließlich die längerfristige vorbeugende Behandlung, bei der eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung steht, die dann wieder über Monate eingenommen werden.
Die Inhalation von hundertprozentigem, medizinischem Sauerstoff hat keine Nebenwirkung, kann mehrmals täglich angewandt werden und unterliegt kaum krankheitsbedingten Einschränkungen. Wichtig ist, dass der Sauerstoff während der Schmerzattacken möglichst hochkonzentriert eingeatmet werden kann, also nicht mit normaler Raumluft vermengt wird.
Bei der Anwendung des Sauerstoffs ist es wichtig, dass eine Maske verwendet wird. Eine Nasenbrille ist nicht ausreichend. Außerdem ist wichtig, dass diese Maske ein Rückatmungsventil und einen Reservoirbeutel besitzt, sodass tatsächlich hundert Prozent Sauerstoff inhaliert werden können.
Die unter Druck gefüllten Zylinder für zu Hause reichen meistens für zehn bis 15 Anwendungen. Um den Sauerstoff auch mobil im Büro oder für Reisen dabei zu haben, gibt es tragbare kleine Flaschen.
Was nun die Vorbeugung betrifft, ist es wichtig, dass Patienten wissen, dass Alkohol Attacken auslöst. Das beobachten sie selbst auch sehr rasch. Weiters ist anzumerken, dass beim Clusterkopfschmerz psychische Einflussfaktoren eine geringe, wenn überhaupt eine Rolle spielen.
Umso wichtiger ist es, betroffene Menschen mit unerträglichen, kräfteraubenden Clusterkopfschmerzattacken möglichst frühzeitig einer eindeutigen Diagnose und so einer effektiven Behandlung zuzuführen.