Danke, ich (ver-)passe lieber

Wer ständig am Sprung zum nächsten Positivitäts-Kick ist, ist oft reicher an Erlebnissen, aber ärmer an sinnvoller Erfahrung. Wie stoppen wir das Hamsterrad und kommen so von der Fear of missing out (FOMO) zur Joy of missing out (JOMO)?

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Der Mensch ist ein Glücksritter. Ständig sind wir auf der Suche nach dem Schneller, Höher, Weiter. Wir jagen Glücksmomente, denn diese verleihen uns Schübe von Euphorie und zünden damit ein Hormon-Feuerwerk im Gehirn. Happy-Peppi-Instagram-Feeds tun das Ihre, um uns bei der Stange zu halten und uns anzutreiben, mehr zu erleben und ständig nach dem Außergewöhnlichen zu streben. Daraus entstand die FOMO. Ja nichts verpassen. Dabei täte uns bewusstes Verpassen so gut.

Wenn Glück toxisch wird

Wir haben an diese Stelle schon einmal darüber gesprochen, wieso wir Glücksmomente zwar brauchen, uns das ständige Streben danach und nach Positivität im Allgemeinen nicht weiterbringt. Die Forschung nennt das mittlerweile „Toxic Positivity“, also einen gesellschaftlichen Zustand, der jede noch so schwierige Hürde oder persönliches Problem mit Positivität kleinreden will. Das übergestülpte „Don’t worry, be happy“ oder auf Österreichisch „Geh, das wird schon“. Das Problem in Kurzform: Toxic Positivity erlaubt kein sinnvolles Aufarbeiten negativer Emotionen und Lebenslagen. Es wird lieber ein Retro-Instagram-Filter darübergelegt.

FOMO

Die Fear of missing out (FOMO) ist quasi der Vorgänger der toxischen Positivität, die Prélude zum Glückszwang. Und diese FOMO beruht vor allem auf sozialen Zwängen und „Dazu-gehören-Wollen“ um jeden Preis. Klassische Beispiele sind Partys, auf die man gehen sollte oder von denen man denkt, dorthin gehen zu müssen, weil man sonst etwas verpassen könnte. Oder das ständige Checken von sozialen Netzwerken – denn es könnte sich ja was getan haben, seit ich vor fünf Minuten das Handy aus der Hand gelegt habe. Warum das wiederum weder unserem Hirn noch unserer Seele guttut, haben wir hier zusammengefasst. Wie steigen wir aus dem Hamsterrad aus?

Bewusstsein an erster Stelle

Wie immer, wenn wir möchten, dass es uns besser geht, steht an erster Stelle das Bewusstwerden. Was ist es, das ich vermisse? Und was ist es, das ich in diesem Moment brauche? Muss es wirklich die Party sein oder sehne ich mich eigentlich nach echter menschlicher Nähe ohne Smalltalk? Muss ich die Polterreise der besten Freundin wirklich mitmachen, obwohl ich mich sonst in Gruppen nicht so wohlfühle, noch dazu über mehrere Tage hinweg? Die mühsamsten Abende waren immer schon jene, an denen man sich gedrängt gefühlt hat, bei etwas dabei zu sein, obwohl das Bauchgefühl eigentlich „Ruhe“ geflüstert hat. Dieses Flüstern gilt es, besser wahrzunehmen und deuten zu lernen. Im bewussten Auf-sich-Hören liegt die Essenz der Joy of missing out.

Quantität oder Qualität

Mit dem Bewusstsein kommt auch oft die Frage: Was will ich vom Leben? Möglichst viele, möglichst aufregende und außergewöhnliche Erlebnisse? Oder möglichst viele kleine, dafür aber tiefgehende und wertschätzende Begegnungen und Gespräche mit Menschen, die uns wirklich wichtig sind? Bei all der Euphorie, die uns Glücksmomente und Partys verschaffen, dürfen wir nicht vergessen, dass unser Gehirn eine Maschine ist, die Wartung braucht. Nur durch Ruhe und Besinnung können unsere grauen Zellen Erlebtes verarbeiten, abspeichern und es im großen Ganzen verorten und sinnhaft einordnen.

Bewusster Rückzug im Urlaub

Dieses Wissen um Verarbeitungsvorgänge im Gehirn kann auch bei simplen Unterfangen wie der Urlaubsplanung helfen. Bei zehn Tagen Urlaub können die ersten Tage ruhig mit Action und Aufregung vollgepackt sein. Aber zumindest die drei bis vier Tage vor Urlaubsende sollten wir mit Ruhe und Entspannung verbringen, um das Erlebte überhaupt verarbeiten zu können. Urlaubsblues, den wir mit ins Büro nehmen, fühlt sich oft nach „noch nicht bereit“ an, nach noch nicht ganz verarbeiteten Erlebnissen. Dieses Verarbeiten dann erst vor dem Bildschirm zu tun, wo schon die nächsten Tasks auf das Gehirn einströmen, ist suboptimal.

Auf zur JOMO

Nach dem Urlaubs-Abstecher also zurück zur JOMO. Kurz gesagt ist die Joy of missing out also die feine Linie, die wir zwischen Zufriedenheit und dem ständigen Streben nach neuen Euphorie-Momenten ziehen. Zufriedenheit erlangen wir zum Beispiel durch eine bewusste und tiefgehende Auseinandersetzung mit einem Thema oder einer Tätigkeit. Zufrieden macht uns ein gutes Buch. Das wir aber nicht bloß fünf Minuten vor dem Einschlafen lesen, sondern für das wir uns Zeit nehmen, um es richtig in uns aufzunehmen. Oder ein Film, den wir bewusst und voller Aufmerksamkeit schauen. So wie sich Liebe nicht in den heißen Date-Stunden einstellt, sondern in den stillen Minuten daheim, in denen wir an das auserwählte Gegenüber denken, so macht sich auch Zufriedenheit dann breit, wenn wir uns Zeit für uns nehmen und uns einer schönen Sache widmen und mit Ruhe hingeben.

Ruhe aushalten lernen

Der Philosoph Nietzsche sieht in Stillsein und Hingabe große Tugenden. „Die großen Ereignisse, das sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten.“ Denn in den stillen Stunden beschäftigen wir uns mit uns selbst, vertiefen uns in eine Materie, lernen Neues oder schließen endlich mit altem Ballast ab. Und diese Entwicklungsschritte passieren nun mal nicht auf der Party oder auf Instagram. Wenn Sie sich das nächste Mal also stressen, um ja keinen Termin zu verpassen, denken Sie daran: In vielen Fällen haben Sie mehr davon, zur Abwechslung einmal mit echter Hingabe zum Buch am Nachtkästchen zu greifen, über die letzten Wochen zu reflektieren oder einen ganzen Abend bewusst und mit Ihrer Lieblingsperson zu verbringen. Geben Sie sich einen Ruck und genießen Sie die Joy of missing out, die simple Freude, mal nicht dabei zu sein.

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