Zu Beginn aber noch ein kleines Ratespiel: Was haben der FC Bayern München und unser Körper gemeinsam? Richtig! Nur wenn alle Spieler das Zusammenspiel beherrschen, stellt sich der langersehnte Erfolg ein. Denn auch der beste Spieler am Markt bringt ein Sportteam nicht in eine bessere Liga, wenn die Teamarbeit nicht funktioniert. Und genauso ist es auch mit unserem Körper. Nur wenn die intra- und intermuskuläre Koordination ausgefeilt sind, kommt es zu einer optimalen Bewegungsausführung und somit auch zu Spitzenleistungen.
Intra-Was?
Ja ich muss zugeben, die zwei beschriebenen Fähigkeiten sind buchstäblich sehr schwer voneinander zu unterscheiden. Sehen wir uns unseren Körper aber genauer an, erkennt man relativ schnell, dass es sich dabei tatsächlich um zwei unterschiedliche Dinge handelt.
Denn die intramuskuläre Koordination ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner unserer Muskulatur. Es handelt sich hierbei nämlich um das Nerv-Muskel-Zusammenspiel innerhalb eines Muskels. Da jeder einzelne Muskel aus vielen kleinen Strukturen – unter anderem den Muskelfasern – besteht, geht es also um das Wechselspiel dieser Feinheiten mit dem Nervensystem, sozusagen um den harmonischen Ablauf innerhalb eines Muskels.
Von Muskelmasse zur Muskelklasse
Ein großer Irrglaube liegt in der Annahme, dass viel Muskulatur auch gleich viel Kraft bedeutet.
Aber haben Sie sich nicht auch schon mal gefragt, weshalb manche Tänzer eine Liegestütze einfacher schaffen als ein Schwarzenegger-Ebenbild? Je ausgeprägter unsere intramuskuläre Koordination ist, desto besser lässt sich die Kraft eines einzelnen Muskels einsetzen. Trainiert man seine intramuskuläre Koordination, bedeutet dies jedoch nicht direkt einen Zuwachs an Muskelmasse. Viel eher trainiert man die bereits vorhandene Muskelmasse darin, die Kraft besser und effektiver bereitstellen zu können, da dabei mehr Muskelfasern synchron aktiviert werden müssen. Sportarten wie Klettern oder Tanzen sind zum Beispiel absolute Spitzenreiter, wenn es um intramuskuläre Koordination geht. Das Fazit lautet also: Ein breiter Rücken spricht nicht unbedingt für Unmengen an Klimmzügen und ein schmächtigerer Körper nicht unbedingt für weniger Kraft.
Inter-Wie?
Ändert sich nun aber eine Silbe, ist bereits von einer ganz anderen Fähigkeit unseres Körpers die Rede. Bei der intermuskulären Koordination geht es nämlich nicht um die feinen Einzelheiten, sondern um das große Ganze, um das harmonische Zusammenwirken der Muskeln im Körper. Um eine Bewegung so gut wie möglich ausführen zu können, gibt es nämlich immer einen „Agonisten“ – den ausführenden Muskel – und einen „Antagonisten“– sozusagen der Gegenspieler –, der aber genauso in der Bewegung mitwirkt. Wenn diese beiden Teammitglieder aufeinander abgestimmt sind, kommt es einerseits natürlich zu weniger Verletzungen, da die Muskulatur ausgeglichen beansprucht werden kann. Andererseits führt ein gutes Zusammenspiel unserer Muskeln auch zu einer viel schöneren Bewegungsausführung, was die Basis für ein effektives Krafttraining bildet und eine der wichtigsten Komponenten in den meisten Sportarten ist.
Durch dick und dünn
Wenn Sie zum Beispiel nach einem Tennisball greifen, streckt der Trizeps den Arm und ist somit der Agonist, der ausführende Muskel. Der Bizeps wird dabei gedehnt und unterstützt den Trizeps, was ihn zum Antagonisten macht. Wenn wir den Arm beugen, um den Ball näher an uns heranzubringen, ist es genau umgekehrt. Wie in einer Partnerschaft geht es bei der intermuskulären Koordination darum, dass beide Partner möglichst gut zusammenarbeiten können. Wenn eine Bewegung nun oft ausgeführt wird, gewöhnt sich die Muskulatur an das Muster, wodurch sich das Zusammenspiel aus Agonist und Antagonist von Wiederholung zu Wiederholung verbessert. Somit entsteht eine schöne Symbiose unserer Muskulatur und die intermuskuläre Koordination wird optimiert.
One Team one Dream
Im Krafttraining beginnt der Traum der Symbiose grundlegend mit der Optimierung der intermuskulären Koordination. Beginnen Sie damit, Bewegungsmuster oftmals zu wiederholen, um die benötige Kraft aufzubauen. Wenn wir uns das Ganze anhand des Kreuzhebens ansehen, würde das bedeuten, eine hohe Wiederholungszahl mit wenig Gewicht zu wählen. So gewöhnt sich die Muskulatur an die Bewegung, die einzelnen Muskeln lernen, einstimmig zu arbeiten, und die intermuskuläre Koordination wächst. Erst wenn das intermuskuläre Zusammenspiel funktioniert und genügend Kraft aufgebaut wurde, kümmern Sie sich um das intramuskuläre Training. Das erreichen Sie, indem Sie beim Kreuzheben das Gewicht auf das Maximum (also das Gewicht, das Sie bei wenigen Wiederholungen gerade noch heben können) erhöhen, aber die Wiederholungszahl verringern. Die Bewegungsausführung sollte dabei immer gleich bleiben. Nun lernt Ihr Körper, da er das Bewegungsmuster schon kennt, mehr Muskelfasern gleichzeitig zu aktivieren, um das Gewicht heben zu können. Den eben beschriebenen Vorgang können Sie auf jede x-beliebige Übung aus Ihrem Trainingsplan umlegen. Sie werden erstaunt sein, wie viel Kraftpotenzial in Ihnen steckt, wenn jeder einzelne Muskel und seine Muskelfasern aus ihren Reserven gelockt werden.
Einer für alle – alle für einen!
Es braucht also sowohl inter- als auch intramuskuläre Koordination, um das Beste aus seiner Muskulatur rausholen zu können. Vom einzelnen Spieler – unserer intramuskulären Koordination – bis hin zum Zusammenspiel aller Teammitglieder – der intermuskulären Koordination. Sind diese zwei Fähigkeiten im Einklang, geht’s schon in Richtung Bestleistung. Denn wie man auch anhand der Erfolgsgeschichte des FC Bayern München sieht: Nur gemeinsam sind wir stark!