Stellen Sie sich mal vor, Sie könnten einen Urlaub ohne das ganze nervige Drumherum erleben: kein Packstress, kein Kofferschleppen, kein Zum-Flughafen-Eilen, keine Kompromisse bei der Auswahl der Unterkunft. Kein stundenlanges Recherchieren der Sehenswürdigkeiten – nur um am Ende festzustellen, dass man auch bei einem noch so getakteten Zeitplan sowieso nicht alles sehen kann. Kein Bitten und Inewiger-Schuld-Stehen, weil einem während der Abwesenheit jemand die Pflanzen gießt oder die Katze füttert. Kein Budgetieren und Kalkulieren, kein Jetlag, kein Kulturschock, keine Sprachverwirrung.
Staycation – einfach mal zu Hause bleiben
Klingt das nicht fast noch paradiesischer als der 10.000 Kilometer entfernte Karibikstrand? Die gute Nachricht ist: Ein solcher Urlaub ohne Urlaubsstress liegt so nahe. Und zwar direkt vor bzw. sogar hinter der eigenen Haustüre.
Wer seinen Urlaub in den eigenen vier Wänden verbringt, erspart sich neben dem oben genannten Trubel auch eine ganze Menge Geld. Und auch Mama Erde bedankt sich recht herzlich fürs Zu-Hause-Bleiben: Der Reisesektor ist nämlich für knappe zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
„Aber, das ist ja kein Urlaub!“
Bevor man die „Homecation“ als billigen Urlaubsabklatsch abtut, fragen wir uns doch mal: Was ist eigentlich „Urlaub“?
Für manche ist es einfach mal Zeit haben, nichts tun müssen, ohne Termine und Verpflichtungen in den Tag leben können – abschalten, runterkommen, ausspannen. „Dolce far niente“, wie unsere italienischen Nachbarn so schön sagen, das süße Nichtstun.
Für andere steht Urlaub für Neues erleben, den Horizont erweitern, dem Alltag entfliehen. Und natürlich möchte man auch Material für den Instagram-Feed generieren und ein paar Zentimeter mehr auf der Scratch Map freirubbeln können.
So unterschiedlich diese Zugänge auch sein mögen, sie haben eines gemeinsam: Nichts davon ist an einen bestimmten Ort gebunden. Und wenn das „Urlaubsfeeling“ nicht per se am Sandstrand oder in den Tiefen des City-Trip-Großstadtdschungels vergraben ist, können wir es ja theoretisch überall erzeugen. Auch zu Hause.
Besuch in der eigenen Stadt
Ich habe dieses „Urlaubsfeeling daheim“ vor einigen Jahren durch Besuch aus Mexiko das erste Mal erlebt. Mit meinen Gästen von weit her habe ich in der eigenen Heimatstadt Dinge gemacht, die ich sonst nie tue: Museen besucht, eine wortwörtliche Schnitzeljagd veranstaltet – auf der Suche nach dem besten Repräsentanten unseres Nationalgerichts, tagsüber stundenlang plan- und ziellos herumspaziert und nachts von einer Bar in die nächste gezogen.
Für meine Besucher war das „Highlife“ und pures Urlaubsfeeling. Für mich auch. Denn obwohl ich „meine“ Stadt nicht verlassen habe, konnte ich jede Menge Neues entdecken, meinen Alltag für ein paar Tage außen vorlassen und einfach mal genießen.
Das Gute liegt so nah
Wann waren Sie das letzte Mal nächstgelegenen Berg oder zumindest im Park? Wie oft nehmen Sie sich einfach mal einen Nachmittag vor, sich nichts vorzunehmen und schlendern einfach so durch die Stadt, um zu entdecken, was entdeckt werden möchte? Wo gibt’s zur Zeit das beste Take-away-Essen in Ihrem Bezirk?
Nach dem Lockdown sind die Möglichkeiten dann auch wieder vielfältiger: Kennen Sie eigentlich das gemütliche Café an der Ecke? Wissen Sie, wo man in Ihrer Nähe das beste Eis bekommt? Haben Sie schon die lokale Kunst-Ausstellung besucht, sind in das chicste Restaurant im Umkreis zum Abendessen gegangen oder haben eine Kultur-Veranstaltung besucht?
Es sind nicht die Urlaubsorte, die uns das Urlaubsfeeling bringen. Es ist unsere Einstellung zu ihnen. Es ist die Offenheit, Neues zu erleben, die im gewohnten Umfeld oft versiegt. Es ist der ganz bewusst geleerte oder sogar zu Hause gelassenen Terminkalender, der im Alltag nicht wegzudenken ist. Es ist die Freiheit, zu tun und zu lassen, was man will, die wir uns daheim nicht zugestehen.
Aber was, wenn wir uns all das auch erlauben, wenn wir daheim sind? Dann sehen wir das Sehenswerte vor der eigenen Haustür und holen wir uns den Urlaub einfach zu uns - und zwar so oft und so lange wir wollen.
Wahrer Urlaub kommt von innen
Wenn wir wieder lernen, auch zu Hause auf Urlaub zu sein, können wir uns jeden Tag kleine Urlaubsmomente erschaffen. Das kann der auf Balkonien genossene Frühstückskaffee sein, das exotische Mittagessen, der entspannte Leseabend auf der Couch und alles dazwischen und drum herum.
Egal, ob es eine Stunde, ein Tag oder eine Woche ist: Sie können Ihr ganz persönliches Urlaubsfeeling ganz einfach in Ihrer unmittelbaren Umgebung erzeugen – und das ganz ohne wochenlange Vorbereitung, große Investition, vorprogrammierte Packkrise und stundenlange Anreise. Denn wahrer Urlaub kommt von innen. Und jeder Tag ist Gönnerstag.