Superfoods sind in aller Munde. In vielen Fällen handelt es sich bei den als besonders gesund geltenden Lebensmitteln um exotische Pflanzen. Doch warum in die Ferne schweifen? Das Gute liegt näher, als Sie vielleicht bisher gedacht haben. Vor unserer Haustür gibt es nicht nur wohlschmeckende Kräuter zu entdecken. Auch eine Vielzahl von Heilpflanzen mit wohltuender Wirkung hat die heimische Flora zu bieten. Oft sind diese jedoch so unscheinbar, dass sie uns bei einem Spaziergang am Wegesrand gar nicht ins Auge springen. Ein genauerer Blick lohnt sich aber allemal.
Einkaufsbummel in Mutter Natur
Auf der Suche nach mehr Würze? Dafür müssen Sie nicht unbedingt in den Supermarkt. Ihr nächster Ausflug in die freie Natur kann hier ebenfalls Abhilfe schaffen. In Wald und Wiese sprießen allerlei Wildkräuter, die Ihrem Speiseplan neuen Pep verleihen können.
Zu den beliebtesten gehört zweifellos der Bärlauch. Er zählt zu den ersten Wildkräutern des Jahres und von Liebhabern wird die Bärlauchsaison immer wieder sehnsüchtig erwartet. Geerntet werden zuerst die frischen Blätter, von Mai bis Juni auch die Blüten. Mit seinem Aroma, das an Knoblauch erinnert, ist der Bärlauch in der Küche vielfältig einsetzbar.
Ebenfalls bereits ab April können Sie am Waldesrand junge Brennnesselblätter ernten. Auch wenn Sie keine guten Erinnerungen an die bisherigen Begegnungen mit der Pflanze haben sollten – es lohnt sich, die Bekanntschaft zu erneuern. Bei der Ernte sollten Sie unbedingt Handschuhe tragen, sobald sie gekocht sind, verlieren die Brennnesseln aber ihren Schrecken. Sie lassen sich wie Spinat zubereiten oder auch trocknen und als Tee verwenden.
Lust auf Löwenzahn? Die frischen Blätter der Pflanze sehen Rucola nicht nur ähnlich, sie schmecken als Salat auch mindestens genauso gut. Dank der enthaltenen Bitterstoffe ist Löwenzahn außerdem besonders gut geeignet, um Verdauung und Leberfunktion anzuregen.
Gut machen sich im Salat auch die Blätter von Wiesenschaumkraut. Am besten werden sie noch vor der Blüte geerntet. Ihr Geschmack erinnert an Brunnenkresse und verleiht Speisen eine frische Note mit leichter Schärfe.
Für erfrischende Getränke ist wiederum Waldmeister die erste Wahl. Geerntet werden Blätter, Blüten und Stängel von Mai bis Juli. Mit seinem säuerlichen Aroma passt Waldmeister in Limonaden und sommerliche Bowlen. Er kann getrocknet verwendet oder zu Sirup verarbeitet werden.
Wenn Sie es lieber fruchtig mögen, halten Sie Ausschau nach Holunder und Walderdbeeren. Walderdbeeren tragen von Mai bis August ihre süßen roten Früchtchen mit besonders intensivem Geschmack. Darüber hinaus können Sie aber auch die Blätter sammeln und für die Zubereitung eines entzündungshemmenden Tees trocknen. Auch der Holunder hat jede Menge zu bieten. Aus den Blüten, die sich ab April zeigen, lässt sich köstlicher Sirup herstellen. Aber auch in Backteig frittiert und mit Zucker bestäubt, sind die Dolden ein Genuss. Im Spätsommer und Herbst können Sie die dunklen reifen Beeren von den Sträuchern ernten. Als Marmelade, Gelee oder Saft konservieren Sie den fruchtigen Genuss für die kalte Jahreszeit.
Das Auge isst mit – das gilt auch beim kulinarischen Streifzug durch die Natur. Gänseblümchen und Veilchenblüten sind eine tolle essbare Deko. Sie enthalten zahlreiche Mineralstoffe und verfeinern roh oder kandiert Suppen, Salate und Desserts.
Hausapotheke unter freiem Himmel
Doch nicht nur den Einkauf im Supermarkt kann Ihr nächster Spaziergang ersetzen. Auch für die Hausapotheke hält die Natur einiges parat. Zahlreiche physische und psychische Beschwerden lassen sich mithilfe von heimischen Heilpflanzen lindern.
Zu den pflanzlichen Favoriten, wenn es ums mentale Wohlbefinden geht, gehören Baldrian und Johanniskraut. Zwar sind zahlreiche Präparate mit den Pflanzenwirkstoffen erhältlich, Tees und Tinkturen lassen sich aber auch leicht selbst herstellen. Baldrian finden Sie an Ufern und Waldrändern und auf sonnigen und feuchten Wiesen. Gesammelt wird während der Blütezeit von Mai bis August. Baldrian wirkt beruhigend und hilft bei Nervosität und Schlafproblemen.
Ein bisschen später beginnt die Johanniskrautsaison. Sie startet Ende Juni und reicht bis September. Die markanten gelben Blüten finden Sie am häufigsten auf Waldlichtungen, am Waldrand, auf Wegen und an Böschungen. Johanniskrauttee sorgt für mehr Gelassenheit und positive Stimmung. Johanniskrautöl wirkt außerdem entzündungshemmend und wundheilungsfördernd, erhöht aber auch die Lichtempfindlichkeit der Haut.
Von April bis September können Sie Wermut und Schafgarbe hauptsächlich auf Weiden sowie Acker- und Wegrändern ernten. Tee aus getrockneten Wermutblättern hilft bei Verdauungsbeschwerden und bringt den Kreislauf in Schwung. Aus der Schafgarbe lassen sich Tee oder Pflanzenfrischsaft herstellen. Sie wirken krampflösend und appetitanregend. Ein Schafgarbenauszug kann auch auf der Haut angewendet werden und hilft dort gegen Entzündungen, Unreinheiten oder übermäßiges Schwitzen.
Das Sprichwort der alten Lateiner „nomen est omen“ trifft beim Frauenmantel zu 100 Prozent zu. Seit Jahrhunderten ist die unauffällige Pflanze dafür bekannt, auf den Hormonhaushalt harmonisierend zu wirken. Ein Tee aus den Blättern, die von April bis Juli gepflückt werden, stärkt das Bindegewebe, lindert Menstruationsbeschwerden und beugt Zystenbildung vor.
Ein wahrer Allrounder für die ganze Familie ist hingegen der Spitzwegerich. An Wegrändern und auf trockenen Wiesen ist das unscheinbare Kraut von Juni bis Oktober zu finden. Bei kleinen offenen Wunden oder Insektenstichen tragen Sie den frischen Saft aus den Blättern direkt auf die betroffenen Stellen auf. Als Beigabe im Hustensirup lindert Spitzwegerich Lungenbeschwerden, Halsschmerzen und sogar Zahnweh.
Sammeltipps für den nächsten Streifzug
Haben unsere Anregungen Ihnen Lust gemacht, beim nächsten Spaziergang nicht mit leeren Händen nach Hause zu kommen? Dann gibt es einige Grundregeln, die Sie beachten sollten. Generell gilt: Natürlich haben Wald und Wiese noch viel mehr zu bieten als die vorgestellten Gewächse. Pflücken Sie jedoch nur Pflanzen, die Sie eindeutig bestimmen können. Sammeln Sie nur bei trockenem Wetter. Der ideale Zeitpunkt ist vom Vormittag bis zum frühen Abend, wenn der Tau auf den Wiesen vollständig getrocknet ist. Von Pflanzen an viel befahrenen Straßen und stark gedüngten Feldern sollten Sie lieber die Finger lassen. Bei Pflanzen, die in einem Abstand von circa 100 Metern zur nächsten Straße wachsen, können Sie guten Gewissens zugreifen. Auch wenn es verlockend ist: Sammeln Sie nicht mehr, als Sie in einem Jahr verbrauchen können. Geschmack und Wirkung der Kräuter und Heilpflanzen leiden bei zu langer Lagerung. Außerdem sollten Sie darauf achten, immer noch genügend unversehrte Pflanzen stehen zu lassen, damit diese sich wieder ausreichend erholen und vermehren können.
Nun müssen Sie bei Ihrem nächsten Ausflug an der frischen Luft nur noch ein scharfes Messer, eventuell eine kleine Baumschere und ein Körbchen dabeihaben und Ihre Sammelleidenschaft kann sprießen und gedeihen.