Mehr Streicheleinheiten, bitte!

Der Mensch ist auf Berührung gepolt. Wer häufig liebevoll berührt wird, fühlt sich geborgen und hat weniger Stress – seelisch wie körperlich. Woher kommt das? Ein Plädoyer fürs Berühren.

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Es gibt wohl niemanden, der sich in den letzten Monaten nicht mindestens einmal gedacht hat: So eine richtig feste Umarmung von der besten Freundin oder dem langjährigen Kumpel – das wär’s jetzt! Die Pandemie macht’s uns hier nicht leicht. Denn Social Distancing ist für soziale Wesen wie den Menschen äußerst schwierig.

Berührungen in Mamas Bauch

Menschen sehnen sich nicht einfach nur deshalb nach Berührungen, weil sie Sex wollen, weil sie Trost brauchen oder allein sind. Der Mensch erfährt bereits im Mutterleib Berührung, und ohne diese wäre keine normale Entwicklung des Embryos möglich. So schräg das klingt, aber: Die Körperstimulation, die durch das mütterliche Gewebe auf den Embryo übertragen wird, ist notwendig, damit es überhaupt zu Wachstum und Entwicklung eines gesunden Babys kommen kann. 900 Millionen Rezeptoren auf unserer Hautoberfläche machen uns zu feinfühligen Berührungsexperten. Und sobald wir aus unserer Mama schlüpfen, geht’s erst richtig los.

Nackig, aber feinfühlig

Wenn wir auf der Welt sind, sind wir erstmal ziemlich hilflos. Nackt, ohne nennenswerte motorische Fähigkeiten, die unser selbstständiges Überleben sichern, ohne scharfe Adleraugen oder fantastische Hundenase, stehen wir erst mal ziemlich allein da. Das Einzige, was von Anfang an richtig gut funktioniert, sind der Berührungssinn und die Millionen Rezeptoren auf unserer Haut, die uns die Umgebung außerhalb des Körpers wahrnehmen lassen. Schreit ein Säugling, ist der erste intuitive Schritt, ihn zu berühren und schützend an den eigenen Körper zu drücken. Um zu signalisieren: Ich bin da. Du bist nicht allein. Aber was passiert, wenn genau das nicht passiert?

Körperliche Berührungen und geistige Entwicklung

Studien der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, wie wichtig körperliche Nähe für die Entwicklung von Kindern zu gesunden und intelligenten Individuen ist. Abgesehen von der seelischen Komponente hat ein Fehlen von Körperkontakt dramatische Auswirkungen auf die kognitive und soziale Entwicklung von Kindern. Das beginnt bei Lernschwächen und einem langfristig geringer ausfallenden IQ und reicht bis zu Verhaltens- und Entwicklungsproblemen, die sich ins Erwachsenenalter ziehen. Untersuchungen dazu wurden vor allem in Waisen- und Erziehungsheimen durchgeführt, in denen Kinder kaum bis keinen liebevollen Körperkontakt erfahren haben. Und das zeigt vor allem: Häufiges Berühren und Kuscheln mit Kindern fällt keinesfalls unter „Verhätscheln“. Es dient schlichtweg dazu, die Entwicklung zu einem gesunden, intelligenten Menschen zu fördern.

Kurz berührt, überall gespürt

Kinder brauchen also Berührung, weil diese maßgeblich zur eigenen Entwicklung beiträgt, sie soziales Verhalten lehrt und ihnen Sicherheit und Geborgenheit schenkt. Wie aber sieht das bei Erwachsenen aus? Nun, gar nicht mal so anders. Auch wir Erwachsenen brauchen Berührung. Denn selbst, wenn das nur unterbewusst geschieht: Jede angenehme Berührung führt zu einer Kaskade von Abläufen im Körper, die uns entspannt, beruhigt und mit Zufriedenheit erfüllt. Oder einfacher: Wer häufig berührt und berührt wird, ist sein eigener Barkeeper und sitzt beim Cocktailmixen verschiedener Glückshormone erste Reihe fußfrei.

Der Kuschler unter den Hormonen

Oxytocin, auch bekannt als das Kuschelhormon, lässt uns dieses wohlig-warme Gefühl der Zuneigung empfinden, wenn wir streicheln, umarmen, schmusen oder einfach nur jemanden ganz festhalten. Geborgenheit, menschliche Nähe, ein Abfallen von Stress, ein weniger starkes Wahrnehmen von Schmerz – all das geschieht durch eine intensive Umarmung von jemandem, der uns wichtig ist. Und das ist durchaus messbar, zum Beispiel anhand des Blutdrucks und des Pulses. Wer mehr kuschelt, hat einen messbar entspannteren Körper und ein stärkeres Immunsystem.

Die Sache mit der Kuschel-Attacke

Berührungen handhabt jeder sehr individuell. Ich finde ja, dass man das vor allem bei Schlafgewohnheiten sehr unterhaltsam feststellen kann. Während ich eher auf aktives Berühren und ein Aufeinander-Einlassen während der Bewusstseinsphase setze, in der Nacht aber meine Ruhe will (Schlaf ist heilig), sucht eine gute Freundin von mir auch in der REM-Phase ihren Partner nächtens mit Kuschelattacken heim, ohne es zu merken. Auch ich zähle mittlerweile zu ihren Opfern, seit ich von ihr während eines gemeinsamen Urlaubs mitten in der Nacht zum Knuddelkissen umfunktioniert wurde. Unser Unterbewusstsein spielt also auch bei Berührungen eine große Rolle.

Gegen alle Konvention

Je nach Kulturkreis sind Berührungen im Alltag sehr unterschiedlich ausgeprägt. Berühren sich Franzosen während eines gemeinsamen Essens bis zu hundertmal pro Stunde, sieht es bei Engländern schon wieder ganz anders aus – und das, obwohl sie sprichwörtlich nur eine Ärmel-Länge voneinander entfernt sozialisiert wurden. Gerade am Arbeitsplatz verkommen Berührungen immer mehr zu einem Tabu, da mit dem Bewusstsein für sexuelle Belästigung auch die Angst steigt, falsch rüberzukommen. Als jemand mit einem sehr ausgeprägten Bedürfnis für taktile Interaktion machte mir diese Art der Zurückhaltung vor allem jene Lebensphase beinahe unerträglich, die ich in London verbracht habe. Nach zwei Jahren war ich sozial wie ausgebrannt. Und weiß heute: So ein Umfeld ist für mich keine Option.

Berührungen in Beziehungen

So wie das Bedürfnis nach Sex mit der Zeit zurückgeht, verlieren auch viele Paare mit der Zeit die Angewohnheit, einander zu berühren. Dabei machen schon kleine Gesten einen großen Unterschied – das beiläufige Über-den-Rücken-Streicheln beim Vorbeigehen oder eine kurze Umarmung, wenn man sich im Badezimmer sowieso beim Waschbecken in die Quere kommt. Ich finde ja, wir sollten keine Gelegenheit ungenutzt lassen, unsere natürlichen Kuschelhormon-Quellen anzuzapfen. Denn das tut nicht nur Ihnen gut, sondern auch Ihrer Beziehung und Ihren Kindern. Also. Auf die Plätze, fertig, KUSCHELN!

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