Einige Arzneimittel haben aber das Potential, bei missbräuchlicher Verwendung abhängig zu machen. Das Problem entsteht, wenn bestimmte Substanzen entgegen ärztlicher Anweisung in zu hoher Dosis oder über einen zu langen Zeitraum eingenommen werden. Dies trifft besonders auf Beruhigungs- und Schmerzmittel zu.
Mit Maß und Ziel
Bei einigen Arzneimitteln besteht eine erhöhte Gefahr, durch unsachgemäße Einnahme in eine Form von Abhängigkeit zu rutschen. "Medikamente bergen ein geringeres Risiko als andere Substanzen wie Alkohol, Opiate oder Kokain", erklärt Primar Dr. Hans Rittmannsberger, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie am Linzer Wagner-Jauregg-Krankenhaus. Bei der Einnahme von Beruhigungs- und Schmerzmitteln rät er zu Vorsicht. Eine übertriebene Angst vor diesen Arzneimitteln sei aber nicht notwendig, ergänzt der Experte.
Abhängigkeit versus Sucht
"Körperliche Abhängigkeit heißt noch nicht, dass man süchtig ist", stellt Dr. Rittmannsberger klar. Er kritisiert, dass dies in Zusammenhang mit Medikamentenmissbrauch oft gleichgesetzt werde. Von Sucht spreche man, wenn es zur Toleranzentwicklung komme, Entzugserscheinungen und Kontrollverlust auftreten würden. Ein weiteres Kennzeichen sei, dass andere Tätigkeiten an Bedeutung verlieren würden, während der Substanzgebrauch im Vordergrund stehe. Die psychische Abhängigkeit zeige sich an einer innerlichen Gier nach der Substanz. Gleichzeitig würden negative Nebenwirkungen in Kauf genommen. Eine körperliche Abhängigkeit ist weit weniger umfassend. Sie zeigt sich daran, dass sich der Organismus an die Substanz gewöhnt hat und Probleme beim Absetzen des Medikaments auftreten können.
Beruhigungsmittel
Einen besonders schlechten Ruf umgibt die Gruppe der Beruhigungsmittel, die chemisch den Benzodiazepinen zuzuordnen sind. Dazu gehören Valium und Rohypnol. Dr. Rittmannsberger stellt aber klar:"Die meisten Leute, die Beruhigungsmitteln verschrieben bekommen, werden nicht süchtig". Das Problem entstehe erst, wenn das Medikament zu lange eingenommen werde - auch bei richtiger Dosis. Der Fachexperte empfiehlt daher, Benzodiazepine nicht länger als vier Wochen einzunehmen: "Jeder, der Benzodiazepine über einen längeren Zeitraum verwendet, hat wahrscheinlich eine körperliche Abhängigkeit". Dieser Typus von Medikamentenabhängigkeit, von dem besonders Frauen betroffen sind, wird erst relativ spät erkannt, da das Medikament vorsichtig, aber kontinuierlich und in mehrere Dosen über den Tag verteilt eingenommen wird.
Ausschleichen
Bei zu langer Einnahme von Benzodiazepinen muss der Patient damit rechnen, dass das Absetzen schwierig werden kann. In den meisten Fällen funktioniere es aber gut, wenn die Dosis über Wochen und Monate reduziert und "ausgeschlichen" werde, beruhigt Dr. Rittmannsberger. Die Entzugserscheinungen können auf diese Weise sehr gering gehalten werden und die Erfolgsquote ist hoch.
Die Dosis sollte immer mit dem Arzt abgeklärt werden. Diese selbstständig zu erhöhen oder zu reduzieren, kann den Körper krank machen.