Als Heiligtum verehrt, als notwendiges Übel abgestempelt oder als monatliches Zeichen für die Nicht-Schwangerschaft heiß ersehnt – das Thema Monatsblutung begleitet circa 50 Prozent der menschlichen Bevölkerung über einen großen Zeitraum ihres Lebens hinweg. Während wir uns im letzten Beitrag zum Thema Erdbeerwoche mit dem Thema Menstruation auf dem internationalen Parkett und mit Alternativen zu Wegwerf-Produkten beschäftigt haben, dreht sich heute alles um die Phasen im Zyklus. Wann sind wir im Power-Drive? Wann kreativ? Wann haben wir verrückte Träume und wann fühlen wir uns besonders sexy?
Die vier Jahreszeiten
Der weibliche Zyklus durchläuft vier Phasen, die wiederum von unterschiedlichen Hormonen geprägt sind. Um es uns einfacher zu machen, werden wir diese vier Phasen in den folgenden Absätzen als die vier Jahreszeiten bezeichnen. Interessanterweise weist der weibliche Zyklus nämlich viele Ähnlichkeiten mit den vier Jahreszeiten der Natur auf.
Winter – Ruhe und Rückzug
Am Anfang des Zyklus steht die Blutung. Vom Östrogen bis hin zu Progesteron, Testosteron und follikelstimulierenden Hormon (FSH) – sie alle befinden sich im Winter zur Zeit der Monatsblutung am Tiefststand. Wir stehen hier nicht am Zenit unserer Leistungsfähigkeit. Viele Frauen erleben einige müde Tage und sind geplagt von Problemen mit ihrem Appetit (entweder schmeckt’s so gar nicht oder man hat Heißhunger), ihrer Verdauung (Durchfall ist kein seltener Begleiter) oder generellem Unwohlsein wie Wassereinlagerungen und Blähbauch.
Winterblues
Wie in der Natur ist auch im weiblichen Zyklus der Winter eine Zeit der Ruhe und des Rückzugs. Gönnen Sie sich eine Pause. Harte Sporteinheiten bekommen dem Körper nicht so gut wie ein Spaziergang oder sanftes Yoga. Eine Wärmflasche am Bauch wirkt krampflösend und wohltuend. Komplexe oder sehr emotionale Entscheidungen sollten lieber vertagt werden. Jetzt ist nicht die Zeit dafür. Üben wir uns also eher darin, den großen roten Reset-Knopf zu drücken und ein wenig auszuruhen.
Frühlingserwachen
Nachdem „die Tage“ vorbei sind, bewegt sich der weibliche Zyklus in Richtung Eisprung oder Ovulation. Der Östrogenspiegel steigt und mit ihm auch die Menge des ausgeschütteten männlichen Sexualhormons Testosteron. Wir sind energiegeladen, es fällt uns nun leichter, klare Gedanken und gute Entscheidungen zu treffen. So wie die Natur im Frühling die Knospen sprießen lässt, sind auch wir voller Tatendrang und Planungsfreude. Die Kreativität sprudelt und die Produktivität erreicht ihr Maximum. In dieser Phase sorgt das FSH dafür, dass ein Ei heranreift, und das Östrogen beauftragt schon mal den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut für den Fall einer Einnistung.
Eisprung – Sommerlaune
Zeit für den Eisprung. Das Sexualhormon Testosteron erreicht hier seinen Höchststand. Wir fühlen uns selbstbewusst, sind sozial aktiv und – oh, là, là – auch sehr sexy. Um eine möglichst hohe Fortpflanzungsrate zu erzielen, lässt der Hormoncocktail im Blut auch den Sex-Drive in die Höhe schnellen. Jetzt ist die Chance am größten, schwanger zu werden. Netzwerken, Freunde treffen, Dates und harte Workouts – wenn Frau all das unter einen Hut bekommen will, dann ist die Sommer-Phase dafür wie gemacht.
Es herbstelt
Einige Tage nach dem Eisprung bewegt sich der weibliche Körper in Richtung Herbst. Oder wie Fachleute es nennen: prämenstruelle Phase oder Gelbkörperphase des Zyklus. Die Eizelle selbst ist nur rund 24 Stunden lang fruchtbar. Trifft sie in dieser Zeit nicht auf ein schwimmfreudiges Spermium, das es bis in den Eileiter geschafft hat, stirbt die Eizelle ab. Nach Östrogen und Testosteron im Frühling und Sommer steht nach dem Eisprung das Gelkörperhormon oder Progesteron an erster Stelle. Es lässt aus der Gebärmutterschleimhaut ein richtiggehendes Nest entstehen, in das sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Geschieht das nicht, macht sich der Körper bereit für die Menstruation, die nächste Monatsblutung. Der Drang nach Sozialkontakten ebbt ab und es wird wieder wichtiger, auf sich und den Energiehaushalt zu achten und mehr Pausen einzulegen.
Adventzeit ist PMS-Zeit
In den letzten Tagen des Herbstes werden viele Frauen vom prämenstruellen Syndrom (PMS) geplagt. Die Laune dreht hier gerne mal von heiter auf bewölkt, Emotionen werden stärker wahrgenommen als die Wochen davor. Während die meisten PMS nur mit Gereiztheit und Unleidlichkeit gleichsetzen, berichten betroffene Frauen auch von ganz anderen Symptomen. Von Kopf- und Gliederschmerzen über Bauchkrämpfe, ein Ziehen in der Brust bis hin zu Problemen mit der Konzentrationsfähigkeit und dem emotionalen Auf und Ab ist im Herbst wirklich alles dabei, was wenig Freude macht. Das betrifft vor allem die letzten Tage vor Einsetzen der Blutung und die ersten drei Tage danach.
Wem diese Beschwerden wie Übertreibung vorkommen, der sehe sich einfach den Hormonhaushalt im Herbst an. Hier kommt es zu einem starken Abfall aller Hormone, die am Zyklus beteiligt sich. Die Hormonlevel sind daher nie gleich, alles ist in Bewegung und in Aufruhr und der Körper macht sich bereit für einen neuen Zyklus, in dem Leben entstehen kann. So was kann schon mal aufwühlen, oder nicht?
Mit Perioden-Tagebuch zur Regelmäßigkeit
Wie Sie das alles im Blick behalten? Ganz einfach: aufschreiben. Dazu gibt es Hunderte von Möglichkeiten, Vorlagen und Apps, die man ausprobieren kann. Tag eins ist der erste Tag der Blutung. Der letzte Tag im Zyklus ist jener Tag, bevor die Blutung am nächsten Tag erneut einsetzt. Der Vorteil von Apps: Man kann es auch untertags in der Arbeit, im Bus oder am Weg zum Sport machen. Von emotionaler, mentaler und körperlicher Empfindung bis hin zur Stärke der Periode, Beschwerden oder Errechnen der fruchtbaren Tage lässt sich viel eintragen und auswerten. Wichtig: All die bisher angeführten Informationen sind für Frauen relevant, die nicht hormonell verhüten. Denn Verhütungsmethoden wie die Pille lassen einen Eisprung erst gar nicht zu.
Period Positivity
Perioden sind super. Niemand steht im Normalfall (oder eher Regelfall) drauf, mit diversen Produkten die Kleidung vor Flecken zu bewahren, und die meisten von uns Frauen könnten gut auf PMS und Stimmungsschwankungen verzichten. Aber: Die weibliche Periode ist immer auch ein Zeichen für einen starken Körper. Die Natur stattet (verkürzt gesagt) nur jene Frauen mit einer wiederkehrenden Monatsblutung aus, die in der Lage wären, im Mutterleib neun Monate lang ein Kind zu versorgen. Statt uns also darüber zu beschweren, wie doof ein Leben mit Periode ist, könnten wir uns auch darüber freuen, gesund und stark genug zu sein, monatlich den Reset-Knopf zu drücken und es mit dem Wunder Schwangerschaft und Geburt aufnehmen zu können. Und so eine Achterbahnfahrt am laufenden Band muss man auch erst mal wegstecken können. Also, Ladys: High five!
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