Erdbeerwoche – Frauen sehen rot

Von Period Shaming zu ökologischen Slipeinlagen: eine kurze Geschichte der Menstruation und hilfreiche Tipps für Gesundheitsbewusste.

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Erdbeerwoche, rotes Meer, der Besuch der roten Tante Frieda – alles Synonyme für eine der vermeintlich natürlichsten Sachen der Welt: die Menstruation. Über die Jahrhunderte hat sich stark verändert, wie wir die Periode sehen, wie wir mit ihr umgehen und über sie reden. Heute sehen wir uns an: What’s old, what’s new, what’s shocking und what’s fun. Denn Rot ist eine spannende Farbe.

Geschichtliches Periodensystem

Frauen haben sich im historischen Verlauf schon viel gefallen lassen müssen. Kein Wunder, dass es beim Thema Blutung nicht anders war. Schrieb man Frauen im Mittelalter den „bösen Blick“ zu, wenn sie ihre Tage hatten, mussten sie andernorts Felder umschreiten, um Ungeziefer fernzuhalten, galten als unrein und als böses Omen, durften keine Lebensmittel berühren und mussten sich von Männern fernhalten. Andererseits war das Blut menstruierender Jungfrauen besonders begehrt, sollte übermenschliche Kräfte verleihen und war eine beliebte Zutat in Zaubertränken. Auch die Bibel ist nicht gerade angetan von der menstruierenden Frau. So meint etwa das Dritte Buch Mose (K15, V19):„Wenn eine Frau ihren Blutfluss hat, so soll sie sieben Tage für unrein gelten. Wer sie anrührt, der wird unrein bis zum Abend.“ Infolgedessen sei auch alles, was sie berührt, unrein. Die Menstruation wurde als Schwäche, körperliches Gebrechen und Beweis für die Unvollkommenheit des Weiblichen im Vergleich zum Männlichen interpretiert. Aber auch heutzutage bietet die Periode der Frau noch genug Stoff für Stirnrunzeln, Kopfschütteln und den einen oder anderen Lacher.

Rot-weiß-rote Geschichten

Beim Recherchieren für diesen Artikel bin ich auf allerlei skurrile und teilweise lustige Geschichten gestoßen. So durfte in einer ländlichen österreichischen Familie die Periodenunterwäsche der Damen nur auf separaten Wäscheleinen aufgehängt werden. Denn die Männer hätten so etwas nicht zu sehen. Während eines Besuchs (bei derselben Familie) lief in den 90er-Jahren ein Werbespot für Slipeinlagen im Fernsehen. Ob das „für die Schuhe“ sei, wollte der männliche Gast wissen. Eine andere Freundin erzählt vom „Umkippen“ bei den ersten Versuchen, Tampons zu verwenden. Aber aus Scham hatte sie sich nicht getraut, Frauen nach Erfahrungen zu fragen, und stattdessen jahrelang verhasste Binden getragen. Die Geschichte, die mich am meisten zum Lachen brachte, kommt aus einer ganz anderen Ecke. So hatte sich ein sparefroher Familienvater jahrelang gegen den Anschluss ans örtliche Kanalnetz gewehrt und stattdessen die Senkgrube selbst entleert und deren Inhalte als Gülle im Garten verstreut. Dass es wieder mal so weit gewesen sein musste, konnte man laut Erzählungen nicht nur am Geruch erkennen, sondern auch an den Tampons, die wie Christbaumkugeln in den Ribiselstauden hingen.

Rote Zahlen

Schauen wir uns doch einmal an, was eine Frau ihr Leben lang so für ihre Tage braucht. Eine Frau kommt im Leben bei 350 bis 400 Blutungen auf durchschnittlich 17.000 Tampons. Diese sind bekanntlich Einwegprodukte und nicht besonders umweltfreundlich. Noch schlimmer sind jedoch Binden, auf die immerhin 40 Prozent aller Frauen in Industrienationen setzen. Binden bestehen aus Plastik und überdauern daher Jahrtausende, bis sie sich auf natürlichem Weg zersetzen. Zudem bekommen Mädchen immer früher ihre Tage. Hier vermutet die Wissenschaft einen Zusammenhang zwischen Hormonen in unseren Lebensmitteln und einer erhöhten Zuckerzufuhr, die sich ebenfalls auf den Hormonspiegel auswirkt. Das bedeutet, dass künftig noch mehr Hygieneprodukte benötigt werden. Und vielerorts sind Frauen weit davon entfernt, überhaupt Zugang zu ihnen zu haben.

Frauen sehen rot

Die Monatsblutung ist auch heute noch in vielen Teilen der Welt ein großes Problem für Frauen. In Entwicklungsländern hat nur ein sehr geringer Anteil der Frauen Zugang zu Hygieneprodukten wie Tampons und Binden. Man behilft sich auch im Jahre 2020 mit alten Lappen, getrockneten Blättern oder schlicht Sand in der Unterhose, um die Blutung aufzufangen. Die Oscarprämierte Dokumentation „Period. End of Sentence.“ der iranisch-amerikanischen Regisseurin Rayka Zehtabchi zeigt eindrücklich, wie Frauen in Indien je nach regionalen und religiösen Gepflogenheiten Esstisch, Haus, Küche und vielen weiteren Bereichen des alltäglichen Lebens fernbleiben müssen, wenn sie ihre Tage haben. Sie gelten (wie im Buche Mose) als unrein. Sie dürfen kein Essen berühren, nicht für andere kochen und müssen das Haus reinigen und segnen, bevor sie nach Ende der Monatsblutung wieder zurück zur Familie dürfen. Und das Jeden. Einzelnen. Monat. Mädchen in Entwicklungsländern verpassen zudem Hunderte von Schulstunden pro Jahr, da sie sich während ihrer Periode nicht in die Schule trauen. Aus Angst davor, gehänselt zu werden (Period Shaming) oder ihre Uniform schmutzig zu machen. Dabei gibt es nachhaltige und günstige Alternativen.

Tässchen gefällig?

Allen voran macht die Periodentasse oder Period Cups (endlich) auch bei uns von sich reden. Diese kleinen Tassen aus Silikon oder Gummi fangen das Blut auf, ohne die sensiblen Schleimhäute zu reizen und auszutrocknen. Nach ein paar Stunden wird der Cup einfach ausgeleert, mit Wasser ausgespült und weiterverwendet. Am Ende der Periode kocht man ihn aus und fertig. Ich empfehle den Cup vor allem an schwachen Tagen, da man tatsächlich nur einmal pro Tag daran denken muss und es einfach zu weniger Reizungen kommt. Einziger Knackpunkt: Es sollte direkt neben dem WC ein Waschbecken geben. Es kommt bei Erstverwenderinnen oft zu unangenehmen Erfahrungen, wenn die Tasse nicht richtig sitzt. Hierzu gibt es super Videos mit praktischen Tipps, damit auch nichts danebengeht. Hat Frau einmal den Dreh raus, klappt es super. Auch zu bedenken ist, dass der kleine „Stiel“ am unteren Ende gekürzt werden kann. Dieser ist sonst unter Umständen spürbar und das kann unangenehm sein. Also einfach abschneiden und fertig!

Baumwolle statt Plastik

Auch Stoffbinden und Slipeinlagen sind wieder in Mode gekommen. Ich persönlich finde sie weicher, angenehmer und saugfähiger als jene aus Plastik. Vom ökologischen Faktor einmal ganz abgesehen. Zu beachten ist, dass sie nach der Verwendung immer zuerst mit kaltem (!) Wasser ausgespült werden sollen und erst danach mit Kochwäsche oder 60 Grad in die Maschine kommen. Kaltes Wasser entfernt Blut, ohne dass es koaguliert, also gerinnt. Das beugt Blutflecken vor, die sonst nie wieder zu entfernen sind. Auch bei Tampons kann Frau mittlerweile auf ökologischere Varianten zurückgreifen. Tampons aus Bio-Baumwolle sind in der Herstellung weniger schädlich. Das Aussparen von Bleichmitteln macht außerdem die Verwendung sicherer und gesünder.

Was tun bei Schmerzen?

Viele Frauen erleben ihre Tage (oder bereits die Tage davor) als schmerzhaft: Krämpfe, Schmerzen, die bis in den Rücken oder die Beine ausstrahlen, Kopfschmerzen, Übelkeit. Die Periode ist echt kein Spaß. Es gibt aber ein paar Evergreens, die in vielen Fällen helfen. Sanfte Bewegung gehört dazu. Je stiller wir sitzen, desto eher nehmen wir ein Ziehen, Piksen, Krampfen wahr. Bewegen wir uns, kann zum einen der propriozeptorische Reiz ein wenig die Schmerzen überlagern, zum anderen wirkt Bewegung wie Spazierengehen außerdem krampflösend. Und – die gute alte Wärmeflasche. Auf den Unterbauch gelegt, wirkt Wärme krampflösend und beruhigend. Eine Wohltat für angespannte, geblähte Periodenbäuche. Diesen kann man auch mit Kräutern ein wenig unter die Arme greifen. Tees, Wickel und Bäder können Beschwerden lindern.

Wenn Sie sich das nächste Mal also denken: Könnte ich mir und der Umwelt nicht auch während meiner Tage etwas Gutes tun, lesen Sie sich ein wenig ein. Tassen, Slipeinlagen, Tampons können in der richtigen Verarbeitung eine wahre Wohltat sein. Und versuchen Sie, auch während der Erdbeerwoche ein wenig Bewegung zu machen. Das entspannt und entkrampft.

Weiterführende Links:

UNSERE BUCHTIPPS:

  • Elissa Stein, Susan Kim: Flow: The Cultural Story of Menstruation, 2009
  • Emily Martin: Die Frau im Körper. Weibliches Bewußtsein, Gynäkologie und die Reproduktion des Lebens. (1989)
  • Thomas Buckley, Alma Gottlieb (hg.): Blood Magic. The Anthropology of Menstruation. 1988.

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