Als ich auf einer Party jemanden sagen hörte, „Wenn ich mich mit meinem Freund nicht komplett danebenbenehmen und krummlachen kann, ist er nicht der Richtige“, begannen sich in meinem Kopf ein paar Rädchen zu drehen. Ich war damals mit jemandem zusammen, mit dem es nicht so leichtgängig war, wie das Mädel es beschrieben hatte. Und obwohl mir das bewusst war – es jemand anderen so offen aussprechen zu hören, hatte dann doch eine ziemliche Wirkung auf mich. Ich musste feststellen: Wir haben weniger gemeinsam, als anfangs erhofft. Zwei Monate später war der Liebhaber Geschichte und ich habe es bis heute nicht bereut. Aber wieso ist (gemeinsamer) Humor denn eigentlich so wichtig für Beziehungen?
Was Humor über uns verrät
Sag mir, worüber du lachst, und ich sage dir, wer du bist. Was wir lustig finden, wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst – woher wir kommen, wie wir erzogen wurden, welche Wertvorstellungen wir haben, wie wir gesellschaftspolitische Themen in unserem Kulturkreis wahrnehmen, wie wir uns selbst wahrnehmen. Kurz: Die Liste ist endlos. Und weil so viele Variablen darauf Einfluss nehmen, was wir als lustig empfinden, kann das, worüber wir lachen, sehr viel über uns aussagen. Kann. Denn wir alle wissen, dass Witze missverstanden werden oder auch mal nach hinten losgehen können.
Was Lachen mit uns macht
Gemeinsames Lachen hat bemerkenswerte Auswirkungen auf das empfundene Miteinander. Es eint uns in schönen Momenten, es zeigt, dass wir auf derselben Wellenlänge sind und Gemeinsamkeiten haben (Sinn für Humor, ähnliche Werthaltungen). Lachen führt aber auch im Körper zu (ent-)spannenden Reaktionen. Abgesehen von der Kaskade an Glückshormonen, die wir uns hier genauer angesehen haben, bringt echtes befreites Lachen eine Vielzahl körperlicher Benefits. Lachen senkt den Stresspegel, relaxt angespannte Muskelpartien und lenkt unser Gemüt bei Angst, Ärger oder Streit wieder in ruhigere Fahrwasser. Versuchen Sie mal, richtig sauer zu sein, wenn Ihnen vor Lachen der Bauch wehtut. Lachen und Humor haben aber auch eine immense anziehende Wirkung. Jemand, der ehrlich und offen lacht, wird generell als attraktiver empfunden.
Wann brauchen wir gemeinsames Lachen wirklich?
Am Anfang einer Beziehung ist alles eitel Wonne. Nichts stört, alles wirkt sexy, wir stecken oft und leidenschaftlich gemeinsam unter einer Decke und arbeiten am Aufbau eines stabilen Grundgerüsts für unser Zusammensein. Allein die Andersartigkeit des Gegenübers und dessen Reaktion auf verschiedene Situationen bringen uns zum Lachen. Aber all das nimmt mit der Zeit ab. Irgendwann haben wir in Beziehungen weniger Sex, wir beginnen, Nerviges am Partner wahrzunehmen, und es ist auch echt nicht mehr lustig, wenn die Fernbedienung jeden Tag ihren Platz wechselt oder die Senftube wieder nicht richtig ausgedrückt ist ("Ist das denn so schwer, Harald?!"). Und hier wird’s haarig.
Humor als Kitt für feine Risse
Der Gewöhnungseffekt in Beziehungen führt also dazu, dass die rosarote Brille irgendwann mal verschwindet (so wie die Fernbedienung, die er immer wieder verlegt) und wir auch alle anderen Schattierungen am Partner wahrnehmen. Wenn wir jetzt abdriften und beginnen, kleine Nervigkeiten persönlich zu nehmen, hat die Beziehung definitiv ein Ablaufdatum. Denn Streit wird entstehen, wo er nicht immer notwendig oder angebracht ist. Humor kann – wenn richtig eingesetzt – einen deeskalierenden Effekt auf Konflikte haben. Humor erleichtert uns den gemeinsamen Alltag, er poliert kleine Kratzer von der Oberfläche, die sonst irgendwann hässlich werden könnten. Was es dafür braucht? Respekt, Augenhöhe und Augenzwinkern.
Die Sache mit der Fernbedienung
Nichts ist ein größerer Garant für eine unglückliche Partnerschaft als das Fehlen von Augenhöhe und Respekt. Obwohl das sehr einleuchtend klingt, geht diese Einsicht im Alltags-Kuddelmuddel gerne mal verloren. Ich habe dazu in den letzten Jahren eine einfache, aber wirksame Methode entwickelt, um nervige Zwischenfälle humorvoll abzufangen. Bleiben wir bei der verlegten Fernbedienung (ersetzen Sie „Fernbedienung“ mit Ihrem Objekt des Ärgers: hochgeklappte Klobrille, volles Spülbecken, nasse Sportsachen im Wäschekorb).
Habe ich mich anfangs grün und blau geärgert, wenn ich sie wieder mal nicht finden konnte, und war auf den Herren an meiner Seite nur übellaunig zu sprechen („Das gibt’s doch nicht!", "Ist das denn so schwer?“), habe ich irgendwann den Spieß umgedreht. Fand ich die Fernbedienung auch nur annähernd an einem dafür logisch erscheinenden Ort, stieß ich einen triumphalen Fanfarenstoß aus und bedankte mich rührend für die Rücksichtnahme und die geistige Leistung, das Teil nicht zu den Bananen oder in die Sockenlade gelegt zu haben. Oder, wenn der Verleger der Fernbedienung gerade nicht anwesend war, erzählte ich ihm später im Bett von den Highlights meines Tages und führte feierlich das Hochgefühl an, zu finden, ohne zu suchen. Klingt doof? Jein.
Respekt und psychologische Hacks
Der psychologische Hintergrund ist folgender: Es macht einen Unterschied, ob wir etwas unterlassen, um jemanden nicht zu verärgern, oder ob wir etwas bewusst tun, um jemandem eine Freude zu machen. Wird mir diese Freude dann auch noch augenzwinkernd gespiegelt, ist das so etwas wie ein doppeltes Incentive, so weiterzumachen. Und mal ehrlich: Was fühlt sich besser an? Das Gefühl, humorvoll gelobt, oder jenes, von oben herab gemaßregelt zu werden? Wenn es mit Ernst und übler Laune nicht geht, dann drehen Sie den Spieß einfach um. Loben sie. Lachen sie. Und tun Sie’s regelmäßig, augenzwinkernd und mit einer Prise Humor und Zuneigung im gemeinsamen Alltag.