Denken Sie im Winter beim Stichwort „baden“ eher an eine heiße Badewanne als an Eintauchen in Eiswasser? Dann geht es Ihnen wie mir und wahrscheinlich auch einem Großteil der österreichischen Bevölkerung. Doch in vielen Regionen der Welt ist es schon fast ein Volkssport, bei Temperaturen kurz vor dem Gefrierpunkt ins kalte Nass zu steigen, und das aus gutem Grund. Denn nicht nur hartgesottene Wasserratten profitieren vom Badeerlebnis bei Extremtemperaturen. Wir erklären, was es mit dem Eisbaden genau auf sich hat.
In der Kälte liegt die Kraft
Gerade im Winter streben wir eigentlich danach, uns möglichst warmzuhalten. Schließlich wollen wir uns keine Erkältung einfangen. Lieber verbringen wir die Tage gemütlich drinnen und träumen vom Sommer und von sonnigen Stränden. Dabei kann sich der Weg zum Badesee durchaus auch in der kalten Jahreszeit lohnen und uns sogar vor Erkrankungen und Infektionen schützen. Wie das funktioniert?
Beim Kontakt mit kaltem Wasser verengen sich zunächst die Blutgefäße. Unser Körper beginnt automatisch, Blut aus Armen und Beinen wegzuleiten und im Inneren zu sammeln, um die lebenswichtigen Organe vor der Kälte zu schützen. Tauchen wir aus dem Eisbad wieder auf, müssen sich die Blutgefäße schnell wieder weiten, damit das Blut zirkulieren kann. Dieser Wechsel stärkt die Gefäße und bringt den Kreislauf in Schwung. Aber damit nicht genug.
Setzen wir unseren Körper Kälte aus, erhöht sich auch die Anzahl der weißen Blutkörperchen. Die sogenannten Leukozyten gelten als körpereigene Immunpolizei, schützen vor Infektionen und hemmen Entzündungen. Durch regelmäßiges Eisbaden wird das Immunsystem angeregt und unsere Abwehrkräfte werden aktiviert. Außerdem wird die Fettverbrennung angekurbelt und ein erhöhter Testosteronspiegel sorgt für eine allgemeine Leistungssteigerung.
Schmerzen einfrieren
Leistungssteigerung ist aber nicht der einzige Grund, warum viele Profisportler auf die Wirkung von kaltem Wasser schwören. Die zunächst verringerte Blutzirkulation und die entzündungshemmende Wirkung der Kälte beugen Schmerzen nach dem Sport vor. Mikroverletzungen der Muskulatur, die für Muskelkater verantwortlich sind, werden so schnell eingedämmt. Wird die Durchblutung nach dem Eisbad wieder angeregt, sorgt die Zirkulation dafür, dass Abfallprodukte, die beim Sport in den Muskeln entstehen, besonders rasch wieder abgebaut werden. Schmerzen nach dem Sport macht die Kälte also ganz schnell den Garaus.
Kalter Kick für Körper und Geist
Aber nicht nur für den Körper, auch für die Psyche wirkt der Kälteschock wie ein Turbobooster. Beim Eintauchen ins kalte Wasser werden Adrenalin und Endorphine freigesetzt. Das löst Glücksgefühle aus und kann zu Euphorie und tiefer Ruhe und Entspannung führen. Genauso wie die Wärme beim Saunabesuch kann auch die Kälte für jede Menge Tiefenentspannung sorgen. Außerdem steigert der Temperaturwechsel unser Konzentrationsvermögen. Kaltes Wasser sorgt also im wahrsten Sinne des Wortes für einen klaren Kopf. Die regelmäßige Extremerfahrung kann auch dabei helfen, Ängste zu überwinden und das Selbstvertrauen zu stärken. Wer sich ins Eisbad traut, wagt also danach vielleicht auch generell mehr.
So klappt es mit der Kälte
Haben Sie angesichts der positiven Auswirkungen Lust bekommen, den Sprung ins kalte Nass zu wagen? Damit das Eisbad wirklich zum vitalisierenden Erlebnis wird, sollten Sie einige Grundregeln unbedingt beachten.
Die wichtigste Regel lautet: „Nichts überstürzen“. Lieber sollten Sie sich langsam annähern und dabei immer auf Ihr eigenes Körpergefühl hören. Das gilt nicht nur für den Tag X, an dem Sie wirklich ins Wasser steigen. Auch beim Eisbaden gilt nämlich die alte Weisheit „Vorbereitung ist das halbe Leben“. Am besten beginnen Sie schon einige Wochen vor dem eigentlichen Badetag, den Körper mit Wechselduschen langsam zu trainieren. Ich habe mir mittlerweile sogar angewöhnt, jede Dusche mit einem kalten Guss zu beenden.
Einen kühlen Kopf bewahren ist beim Eisbaden hingegen nicht ratsam. Ganz im Gegenteil: Da über die Kopfhaut besonders viel Körperwärme verloren geht, sollten Sie nicht ganz untertauchen, sondern lieber eine Mütze oder Badekappe tragen. Mit im Gepäck sollte außerdem auf jeden Fall eine Begleitperson sein. Das sorgt erstens für mehr Sicherheit und macht zweitens auch mehr Spaß. Zu guter Letzt sorgen Sie im Anschluss an das Eisbad unbedingt dafür, sich schnell wieder aufzuwärmen, zum Beispiel mit einer leichten Joggingrunde.
Wenn Sie diese Tipps berücksichtigen, steht dem Besuch eines Badesees auch im Winter nichts mehr im Weg.