Was darf es denn sein? 26 Zoll, 29 Zoll, 650B (27,5 Zoll) oder gar 650B+? Was vor wenigen Jahren noch kein Thema war, weil es für den erwachsenen Radfahrer nur die Standardgröße von 26 Zoll gab, entpuppt sich heute als schwer zu verstehendes Gewirr von Spezialangaben. Aber welcher Raddurchmesser ist nun für welchen Anwendungszweck am besten geeignet? Und was sind die Unterschiede?
26 Zoll Laufradgröße
Noch bis vor etwa drei Jahren die Standardgröße für Laufräder, werden heutzutage kaum mehr neue Bikes mit 26 Zoll Laufräder hergestellt. Lange wurde in der Fachwelt darüber diskutiert, ob das 26 Zoll Rad aussterben wird oder nicht. Nun, es sieht beinahe danach aus. Viele Hersteller haben dieses Laufradmaß bereits aus dem Sortiment gekippt und auch einige Produzenten von Fahrradteilen, wie etwa Federgabeln oder Reifen haben bereits angekündigt, neue Produkte oder Innovationen nicht mehr für 26 Zoll umzusetzen. Es wird für 26 Zoll Räder zwar immer genug Ersatzteile geben, wer allerdings gerne am eigenen Fahrrad bastelt und immer die neuesten Komponenten verbauen möchte, wird dabei also bald enttäuscht werden. Der Gebrauchtmarkt ist mit 26 Zoll Rädern allerdings sehr gut bestückt und wenn Sie nicht gerade vorhaben, große Umbauarbeiten am Rad vorzunehmen, dann könnte ein Second Hand Mountainbike eine kostengünstige Alternative darstellen.
29 Zoll Laufradgröße
Vor vier bis fünf Jahren begann plötzlich ein neuer Trend aus den USA auf Europa überzuschwappen. Kein geringerer als Gary Fisher, der immerhin als einer der Erfinder des Mountainbike Sportes gilt, propagierte neben vielen anderen Experten die sogenannten "Twentyniner". Dabei handelt es sich um neue Mountainbikes mit einem etwas größeren Rahmen und um 3 Zoll größere Laufräder. Diese 29 Zoll Räder gewährleisten durch den etwas größeren Umfang ein besseres Rollverhalten, besonders wenn es Hindernisse oder Unebenheiten zu überwinden gilt. Da Reifen mit einem größeren Umfang auch über mehr Auflagefläche verfügen, verbessert sich auch die Bodenhaftung. In Summe fühlt sich das Fahren mit einem "29er" etwas komfortabler und sicherer an als mit einem "26er", was allerdings etwas zu Lasten der Wendigkeit geht.
Biker, die nicht nur einfache Wege fahren wollen, sondern etwas engere Trails mit spitzen Kehren versuchen möchten, vermissen oft die Wendigkeit und Agilität der kleineren 26 Zoll Räder. Entgegen der ersten Skepsis haben sich die 29 Zöller aber in Europa längst durchgesetzt und sind eine richtig gute Option, wenn es beim Biken eher gemütlich und komfortabler zugehen soll. Trotz aller positiven Laufeigenschaften, wirken die etwas größeren Fahrradrahmen und Laufräder bei Menschen unter 170 cm Körpergröße allerdings oft etwas überdimensioniert. Und natürlich bewirken der etwas größere Rahmen und die größeren Räder ein etwas höheres Gesamtgewicht des Mountainbikes.
650B Laufradgröße
Gerade als es zwischen den Verfechtern der alteingesessenen 26 Zoll Räder und den Anhängern der neuen Twentyniner zu einer Art Glaubenskrieg gekommen ist, kam die Fahrradindustrie mit einem neuen Laufradformat um die Ecke. Als Kompromiss zwischen den beiden Welten entstand das Laufrad mit der Bezeichnung 650B. Technisch gesehen handelt es sich dabei um ein Maß von 27,5 Zoll, also genau in der Mitte der bereits etablierten Größen. Damit sollten die jeweiligen Vorteile von 26 und 29 Zoll zusammengefasst werden: Einerseits die Wendigkeit und das geringere Gewicht der 26 Zöller und andererseits das Rollverhalten und die bessere Traktion der großen 29er. In der Tat ist es so, dass sich dieses Mittelmaß anstelle des alten 26 Zoll Rades zum neuen Standard für Mountainbikes entwickeln wird. Sogar im Downhill - eine der letzten Bastionen der 26 Zöller - setzt sich immer mehr die neue Laufradgröße von 650B durch. Durch den etwas kleineren Rahmen gegenüber der 29er sind die 650B Räder auch für Menschen unter 170 cm sehr gut geeignet.
650B+ Laufradgröße
Weil die Mountainbike Industrie vor neuen Ideen nur so sprüht, wurde vor etwa zwei Jahren 650B+ erfunden. Dabei handelt es sich um Laufräder der Größe 650B (also 27,5 Zoll), allerdings mit extrem voluminösen Reifen auf den Felgen. Werden üblicherweise Reifenbreiten von 2,1 bis 2,4 Zoll gefahren, finden auf den breiten 650B+ Felgen Reifen mit bis zu 3,25 Zoll Platz. Da diese breiten Reifen allerdings nicht in die herkömmliche Federgabeln und Hinterbauten von bestehenden Bikes passen, mussten neue und vor allem breitere Rahmenkonstruktionen und Federgabeln erfunden werden. Der Vorteil der breiten 650B+ Reifen liegt vor allem in der sicheren Auflagefläche und der noch besseren Traktion. Mit breiten, großvolumigen Reifen lassen sich Unebenheiten und Hindernisse einfacher und sicherer überrollen als mit schmäleren Reifen. Zur Zeit stellt dieses Laufradformat aber noch ein Nischenprodukt dar und es bleibt abzuwarten, ob es sich langfristig etablieren kann.
Und hier nochmals das Wichtigste zusammengefasst:
Wer vor allem günstig einkaufen möchte und weniger Wert auf die letzten Innovationen legt, bekommt jetzt preiswerte Restbestände von 26 Zoll Rädern, für die auch die Ersatzteillage langfristig gesichert scheint. Wer Wert legt auf ruhiges, komfortables Fahren, dabei mitunter ein wenig mehr Gewicht in Kauf nimmt und eine Körpergröße von mindestens 175 cm hat, sollte sich auch einmal ein 29 Zoll Rad ansehen und damit Probefahren. 650B (also 27,5 Zoll) stellt den besten Kompromiss dar und garantiert in den allermeisten Fällen eine sehr lange Zufriedenheit, ebenso wie die Gewissheit, bei allen Fahrradkomponenten immer die neuesten Entwicklungen der Industrie zu bekommen.
Rad ist nicht gleich Rad - zumindest, was die Laufradgröße betrifft. Ein Besuch im Fachhandel kann Aufschluss geben. Gute Fahrt!