In meiner Kindheit bin ich – wie viele andere auch – herumgetollt, habe Purzelbäume und auch das ein oder andere Rad in der Turnhalle geschlagen. Athletisch war ich aber nie. Die einzige Person in meinem Bekanntenkreis, die einen Handstand konnte, war meine Tante, eine Ex-Turnerin. Heutzutage ist das Stehen und Gehen auf den Händen aber nicht mehr nur Turnern und Zirkusakrobaten vorbehalten: Sportarten wie Crossfit und Calisthenics – also Training mit dem eigenen Körpergewicht – haben unzählige Handstand-Variationen näher in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Das ist auch gut so, weil sie viele Benefits mit sich bringen.
Warum gerade Handstände?
Bei all den verschiedenen Trainingsstilen, Workouts und Übungen, die heutzutage im Internet kursieren, kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten: Welche Übung sollte ich in meine Routine aufnehmen, welchem Trainingsstil am besten folgen? Das hängt generell von Ihren Zielen ab: Wollen Sie stärker oder ausdauernder, schneller oder muskulöser werden? Der Handstand ist allerdings eine Übung, die Sie zusätzlich machen können. Sie müssen ihn nicht unbedingt als Teil Ihres Workouts machen, Sie können auch zwischendurch, wenn Sie gerade ein paar freie Minuten haben, eine Wand finden und üben. Das Tolle an Handständen ist, dass sie nicht nur unsere Schultern kräftigen, sondern unser ganzer Körper davon profitiert. Um frei auf den Händen stehen zu können, müssen Sie nämlich fast alle Muskelpartien zwischen Unterarmmuskulatur und den Muskeln in den Füßen anspannen. Weitere Ganzkörperübungen finden Sie hier.
Der perfekte Handstand
Der Handstand ist eine der Übungen, die man in den meisten Fällen erst nach einigen Jahren meistert. Das soll aber gar nicht abschreckend wirken, denn dadurch hat man immer etwas, woran man arbeiten kann. Bei mir sind es zum Beispiel die Schultern: Ich muss mir vorstellen, meine Schultern zu den Ohren zu bringen, damit ich nicht schief werde. Viele haben besonders am Anfang ein Problem mit dem „Bananen-Handstand“, wenn also die Lendenwirbelsäule fälschlicherweise gebogen wird, um die Balance zu halten. In diesem Fall wirkt ein zweites Paar Augen Wunder. Wenn Sie es allerdings allein schaffen wollen, reicht auch ein Handy, mit dem Sie sich aufnehmen und Ihre Form analysieren können. Oft merkt man während der Übung nicht, was man alles noch verbessern könnte. Prinzipiell sollten Sie während des Handstands von den Handgelenken bis zu den Zehenspitzen in einer Linie sein. Dadurch, dass Ihr gesamter Körper gerade ist, müssen Ihre Muskeln weniger hart arbeiten, womit Sie den Handstand länger halten können. Aber keine Angst, es ist immer noch anstrengend genug und verbessert obendrein Ihr Gleichgewicht. Für den Handstand brauchen Sie zwar nichts bis auf eine Wand, wenn Sie aber nach nützlichen Fitness-Tools suchen, etwa um zu Hause Klimmzüge zu üben, könnte Ihnen dieser Beitrag gefallen.
Die ersten Schritte
Wenn Sie sich noch nie an einem Handstand versucht haben, ist es eine gute Idee, sich langsam heranzutasten. Am wichtigsten ist zu wissen, wie man richtig fällt. Der Handstand ist eine Übung, bei der unser gesamtes Körpergewicht auf den Händen lastet, während der Kopf nur knapp über dem Boden schwebt. Und da es sich um eine instabile Position handelt, müssen wir stets damit rechnen, gleich umzufallen. Dabei ist es wichtig, so zu „fallen“, dass wir im Endeffekt fast ein Rad schlagen. Dafür müssen wir zuerst einen Schritt mit der (meist) dominanten Hand nach vorne machen, sodass die Hände schräg versetzt sind. Dann können wir ein Bein nach vorne fallen lassen und das zweite folgt in einer Art behelfsmäßigem Rad. Wenn Sie das Fallen gemeistert haben, werden Sie auch nie wieder Angst haben, über Kopf zu stehen. Auch hier empfiehlt es sich am Anfang, eine zweite Person zu haben, die einen stützen kann, wenn sie noch nicht das Gefühl haben, Kontrolle zu haben. Mir ist es zu Beginn nämlich einige Male passiert, dass ich einfach wie ein steifes Brett umgefallen bin – eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt weiterempfehlen kann.
An der Wand beginnen
Bevor Sie also in der Mitte des Raums zum Handstand aufschlagen, nur um – mit großer Wahrscheinlichkeit – auf den Allerwertesten zu fallen, beginnen Sie lieber an der Wand. Platzieren Sie Ihre Hände in etwa eine Fingerlänge von der Wand entfernt und schwingen mit den Beinen zum Handstand auf. Sie werden einige Versuche brauchen, um ein Gefühl für die richtige Position zu entwickeln. Wenn Sie merken, dass Ihre Schultern den Handstand ohne Problem halten können, können Sie damit beginnen, Ihren Körper in eine Linie zu bringen. Beginnen wir von oben: Drücken Sie mit Ihren Fingerspitzen und Handflächen den Boden weg, ziehen Sie Ihre Schultern Richtung Ohren und spannen Sie Bauch, Po und Beine an. Und nicht vergessen, die Zehenspitzen gen Himmel zu richten! Diese Position können Sie auf Zeit halten und versuchen, jede Woche etwas länger im Handstand zu stehen.
Um währenddessen auch an der Balance zu arbeiten, können Sie abwechselnd immer einen Fuß von der Wand lösen. Während Sie wechseln, stehen Sie zumindest für den Bruchteil einer Sekunde ohne Stütze. Noch schwieriger wird es, wenn Sie sich umdrehen und mit dem Bauch zur Wand stehen. Dafür starten Sie in einer Liegestütz-Position mit den Füßen zur Wand, sodass Sie mit Unterstützung aus dem Oberkörper rücklings die Wand hinauflaufen können. Ziel ist es, mit der Nasenspitze die Wand zu berühren.
Wenn Sie sich an der Wand sicher fühlen, können Sie langsam auch Versuche ohne sie starten – wie immer am besten mit einer zweiten Person und/oder auf einer Matte. Besonders wichtig ist auch, dass Sie vor allem Ihre Hand- und Schultergelenke gut aufwärmen. Diese bekommen beim Handstand weit mehr ab, als sie es aus dem Alltag gewöhnt sind. Handstände sind zwar beeindruckende Kunststücke und trainieren gewissermaßen den ganzen Körper, Gelenkschmerzen für den Rest des Tages sind sie aber nicht wert. Wenn Sie sich allerdings gut aufwärmen und im besten Fall mit einem Partner trainieren, werden Sie verblüfft sein, wie schnell Sie Fortschritte sehen werden. Ein freistehender Handstand braucht Zeit, doch ähnlich wie bei den meisten erstrebenswerten Dingen, ist auch hier der Weg das Ziel. Und auf dem Weg zum Handstand werden Sie mehr Balance, Stabilität und Kraft in Ihren Schultern entdecken.